TdW: Thema vieler Wochen: das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2

Es gibt weder eine wirksame Therapie noch eine Impfung gegen Coronaviren. Außerdem ist unklar, warum Covid-19 bei manchen Patienten so schwer verläuft.

Thema vieler Wochen: das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2

Thema der Woche, 24.02.2020 von Dr. med. Marlies Karsch
Screenshot Corona
>An diesem Thema kommen wir nicht mehr vorbei: In den letzten Wochen war die neue Viruserkrankung Covid 19 auf allen medialen Kanälen präsent. Unser eigener Artikel Respiratorische Erkrankungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2 (Covid 19) wird derzeit fast täglich aktualisiert, ebenso die dazugehörige Patienteninformation. Seit den ersten Nachrichten über den Erkrankungsausbruch haben sich die Erkenntnisse und Informationen über das neuartige Coronavirus sehr stark gewandelt, und es kommt täglich etwas Neues hinzu.

Was wissen wir? Es handelt sich um eine zoonotische Virusinfektion der Atemwege, die ihren Ausgang vermutlich von lebenden Wildtieren hatte, die zum Verzehr auf einem Lebensmittelmarkt in der chinesischen Stadt Wuhan angeboten wurden. Das Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen und breitet sich besonders in Wuhan, der Provinz Hubei und in anderen Städten in China rasant aus. Zehntausende sind infiziert, und es werden täglich mehr. 2 % der Infektionen verlaufen tödlich. Da es viele milde Verläufe gibt, kann es sein, dass diese nicht mitgezählt werden und die eigentliche Mortalitätsrate niedriger liegt. Soweit man das bisher einschätzen kann, sind Männer häufiger von einem schweren Verlauf betroffen. Bei Kindern verläuft die Infektion leichter. Die chinesische Regierung hat Ende Januar für Wuhan, die Provinz Hubei und andere betroffene Regionen Reisebeschränkungen und Fahrverbote erlassen, von denen ca. 45 Mio. Menschen betroffen sind. Dennoch kam es zu zahlreichen Covid-19-Fällen außerhalb Chinas. Insgesamt 705 Fälle traten auf einem Kreuzfahrtschiff auf. 26 bestätigte Fälle gibt es in Deutschland und 647 Fälle in Norditalien. Das RKI setzt in dieser Situation auf eine Strategie der Eindämmung, z. B. Quarantäne für Einreisende aus Risikogebieten, zu denen neben den betroffenen Regionen in China inzwischen auch die Lombardei, die Provinz Ghom im Iran und Provinz Gyeongsangbuk-do in Südkorea zählen. Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die Provinz Hubei und rät von nicht notwendigen Reisen nach China und in die anderen Risikogebiete außerhalb Chinas ab.

Welche Informationen und Empfehlungen wurden inzwischen revidiert? Das Virus hat einen neuen Namen: statt wie bisher 2019-nCoV heißt es jetzt SARS-CoV-2; und die dazugehörige Erkrankung wird offiziell als Covid-19 bezeichnet. Medizinisches Personal, das mit einem Verdachtsfall in Kontakt gekommen ist, gilt bei Einhaltung der üblichen Hygienestandards nicht mehr als enge Kontaktperson und muss weder unter Quarantäne noch getestet werden. Mehrere Labors in Deutschland können jetzt die SARS-CoV-2-PCR durchführen. Hierzu ist entgegen früherer Empfehlungen keine Sputumgewinnung, sondern nur Abstriche aus Naso- und Oropharynx erforderlich. Zum Vorgehen in der Hausarztpraxis hat die DEGAM Informationen und Praxishilfen für niedergelassene Hausärztinnen und Hausärzte und einen Patientenflyer herausgegeben.

Was wissen wir noch nicht? Es gibt weder eine wirksame Therapie noch eine Impfung gegen Coronaviren. Außerdem ist unklar, warum Covid-19 bei manchen Patienten so schwer verläuft. Bisher sind zoonotische Virusinfektionen oft nach einem Wechsel des Wirts (also auf den Menschen) zunächst schwer verlaufen, um dann im Verlauf durch Adaptation an Pathogenität zu verlieren (z. B. SARS). So kann es sein, dass die Ausbreitung der Epidemie durch solche Adaptationsmechanismen limitiert ist. Andererseits ist aber auch die Entwicklung einer globalen Pandemie nicht ausgeschlossen.

Was können wir jetzt schon für die Zukunft lernen? Der Handel mit Wildtieren sowie deren Verzehr sollte eingeschränkt werden, um eine Übertragung und Ausbreitung von Zoonosen zu verhindern. Eine ausufernde mediale Berichterstattung über Verläufe von Epidemien kann zu Panikreaktionen und zur Ausgrenzung und Stigmatisierung bestimmter Menschengruppen führen. In Europa sind bedauerlicherweise gerade Menschen asiatischer Herkunft davon betroffen. Ob eine staatlich verhängte Massenquarantäne, wie derzeit in China, epidemiologisch sinnvoll oder einfach nur inhuman ist, kann man sicher erst im Nachhinein endgültig beurteilen.

Marlies Karsch, Chefredakteurin