Wo darf man was? COVID-19-Lockerungsregeln verwirren
In Baden-Württemberg dürfen beispielsweise bis zu zwanzig Personen aus mehreren Haushalten zusammenkommen, die nicht miteinander verwandt sind. Bars, Kneipen und Restaurants dürfen Gäste innen bewirten. In Bayern durften sich bisher nur Angehörige von zwei Haushalten treffen. Die bayerischen Kontaktbeschränkungen werden aber ab 17.06.2020 deutlich gelockert. Weiterhin dürfen aber dort nur Restaurants die Innenräume öffnen, keine Bars. In Niedersachsen dürfen sich, wie bisher in Bayern, Angehörige von zwei Haushalten in der Öffentllichkeit treffen. Restaurants, Kneipen und Bars sind hingegen geöffnet. In Rheinland-Pfalz und in Schleswig-Holstein sind die Regelungen für Gaststätten und Bars ähnlich, es dürfen sich aber bis zu zehn Personen unabhängig von der Zahl der Haushalte treffen. Bis zu zehn Menschen dürfen sich in Sachsen-Anhalt treffen, dort sind auch private Feiern mit bis zu 20 Gästen erlaubt. Bremen erlaubt Veranstaltungen mit bis zu 20 Personen in Innenräumen und mit bis zu 50 Personen im Freien, Brandenburg dagegen mit bis zu 50 Personen drinnen und draußen. Ähnlich uneinheitlich sind auch die Regelungen in den anderen Bundesländern. Es gibt auch bundesweit teilweise sehr unterschiedliche Regelungen für Sportstätten, Demonstrationen oder den Zeitpunkt und die Art und Weise von Kita-Öffnungen.
Abgesehen davon, dass jetzt keiner mehr weiß, welche Einschränkungen für ihn gelten und was für einen Sinn sie haben, wenn sie im Nachbarbundesland nicht gelten, macht es so ein ungeregeltes und unkoordiniertes Vorgehen auch schwierig, im Falle einer generellen Wiederzunahme der Infektionszahlen genau nachzuvollziehen, welche Lockerungsmaßnahme ursächlich dafür ist. Wären alle Bundesländer gemeinsam Schritt für Schritt vorgegangen und hätten dieselben Lockerungsmaßnahmen beispielsweise in dreiwöchigen Abständen eingeführt, so wäre möglicherweise besser nachvollziehbar, was zum Anstieg oder zu erneuten Ausbrüchen führt. Genau diese Maßnahme, z. B. Öffnung der Restaurants oder Fitnessstudios, könnte dann gezielt zurückgenommen werden. Jetzt kann bei einer „zweiten Welle“ so ein Unterschied nicht gemacht werden, und es bleibt nur ein genereller Lockdown.
Bisher ist die Corona-Pandemie in Deutschland sehr glimpflich abgelaufen. Die Infektionszahlen sind verhältnismäßig niedrig, und die seit Beginn der ersten Lockerungsmaßnahmen prophezeite „zweite Welle“ ist bisher ausgeblieben. Hierbei muss man allerdings beachten, dass die gemeldeten Infektionszahlen des RKI deutlich hinterherhinken, aufgrund von Inkubationszeit, Wartezeit auf Testergebnisse und Meldeverzug. Dennoch machen die deutschen Zahlen im Moment Hoffnung. Irgendetwas scheinen wir richtig zu machen. Obwohl es manchmal anderes aussieht, halten sich anscheinend doch genug Menschen an Abstandsregeln und Maskenpflicht. Und genau das scheint der Grund für eine gute Eindämmung der Pandemie zu sein: Laut eines Aufsatzes in Science sind genau die Länder erfolgreich bei der Eindämmung der Pandemie, die eine Maskenpflicht verhängt haben. So kann man, entgegen früherer anderslautender Empfehlungen des RKI, doch relativ eindeutig und für alle gültig sagen: Tragt vorsichtshalber Masken (auch über der Nase), das nützt vermutlich wirklich etwas!
Marlies Karsch, Chefredakteurin