Corona-Warn-App: Was heißt das in der Praxis?

Soll beispielsweise allen, die einen Warnhinweis über die App erhalten haben, eine PCR-Testung „angeboten“ werden?

Corona-Warn-App: Was heißt das in der Praxis?

Thema der Woche, 22.06.2020 von Dr. med. Marlies Karsch
Letzte Woche lief die Corona-Warn-App an, die vom RKI im Auftrag der Bundesregierung herausgegeben wurde. Über das Für und Wider, Datensicherheit und Funktion der App wurde viel in der Öffentlichkeit diskutiert. Details hierzu finden Sie in den FAQs der App und auf der Informationsseite des RKI. Was aber genau zu tun ist, wenn Patienten in die Hausarztpraxis kommen, weil die App ihnen ein „erhöhtes Risiko“ gemeldet hat, wurde nicht für alle klar kommuniziert. Die Informationen darüber müssen aus verschiedenen Quellen zusammengesucht werden.

Das RKI bietet hierzu zwar Informationen für Hausärzte und Hausärztinnen. Das darin dargestellte Vorgehen enthält jedoch keine wirklich detaillierten Angaben. Personen mit der Meldung „erhöhtes Risiko“ in der Corona-Warn-App werden aufgefordert, „sich nach Hause zu begeben und Begegnungen zu reduzieren sowie Verhaltenshinweise bei auftretenden Symptomen zu beachten“. Personen, die diese Meldung erhalten haben, wissen also, dass zu einem ungefähren Zeitpunkt eine „Risiko-Begegnung“ mit „mindestens einer Corona positiv-getesteten“ Person hatten. Ihnen wurde per App empfohlen, sich mit der Hausärztin/dem Hausarzt, dem kassenärztlichen Bereitschaftsdienst bzw. dem Gesundheitsamt in Verbindung zu setzen. Nach einem Beratungsgespräch in der Hausarztpraxis soll ggf. eine PCR-Testung angeboten werden, bei Symptomen soll eine Meldung als Verdachtsfall beim Gesundheitsamt erfolgen.

Ab hier wird es ein bisschen unklar. Soll allen, die einen Warnhinweis über die App erhalten haben, eine PCR-Testung „angeboten“ werden? Soll man jetzt doch asymptomatische Personen testen, und wenn ja, wann genau und wer bezahlt das? Laut Empfehlungen des RKI zur Testung asymptomatischer Kontaktpersonen mit höherem Infektionsrisiko soll die erste Testung so früh wie möglich am Tag 1 der Ermittlung erfolgen und dann eine zweite Testung 5–7 Tage nach der Exposition. Selbstverständlich wird die Quarantänedauer nicht durch ein negatives Ergebnis verkürzt. Die KBV hat zum Start der Corona-Warn-App neue Leistungen in den EBM aufgenommen. PCR-Testungen nach einem Warnhinweis in der App sind Kassenleistungen. Vertragsärzte erhalten für einen Abstrich bei dieser Indikation 10 Euro extrabudgetär (Ziffer 02402). Auch für Laborärzte gibt es neue Abrechnungsziffern. Für die Beauftragung der Laborleistung soll in Kürze ein Vordruck „Muster 10 C“ herausgegeben werden, auf dem auch ein QR-Code aufgedruckt ist, den die Patienten erhalten. Mit diesem QR-Code können sich Patienten mit SARS-CoV-2-Nachweis dann als positiv-getestet in der App registrieren. Bis zur Bereitstellung des Vordrucks sollen Ärzte das Muster 10 verwenden und die Laborpauschale 32811 angeben. Auch die vorgegebenen Diagnosecodes bei Abstrich aufgrund einer Meldung in der Warn-App sollte man kennen: U99.0! G (spezielle Verfahren zur Untersuchung auf SARS-CoV-2), zusammen mit dem ICD-Code Z11 G (spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krankheiten).

Bisher galt die Regel, dass eine Testung asymptomatischer Personen nicht sinnvoll ist. Seit es wiederholt lokale Ausbruchsgeschehen, u. a. in Pflegeeinrichtungen und Schlachtbetrieben gab, und bekannt ist, dass asymptomatische Personen erheblich zur Ausbreitung des Virus beitragen können, gibt es zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel. Laut RKI kann es „im Rahmen der Prävention und des Managements von COVID-19 in Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie in Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen sinnvoll sein, Pflegepersonal und Heimbewohner ohne Beschwerden in Abstimmung mit der lokalen Gesundheitsbehörde periodisch hinsichtlich SARS-CoV-2 zu testen.“ Dies ist so auch in einer neuen Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums festgelegt. Hier finden Sie auch weitere Regelungen, beispielsweise dass Personen vor Aufnahme in eine Klinik getestet werden können und die gesetzlichen Krankenkassen hierfür die Kosten übernehmen.

Die Regelungen, Empfehlungen und gesetzlichen Vorschriften im Zusammenhang mit COVID-19 sind nicht leicht zu überblicken und auch teilweise widersprüchlich. In unserem Artikel COVID-19 sind die relevanten Informationen und wichtige weiterführende Links für Sie zusammengestellt. Aufgrund der großen Menge an Informationen empfehlen wir, mithilfe unseres Menüs rechts am Artikelrand durch den Artikel zu navigieren.

Marlies Karsch, Chefredakteurin