Liebe Kolleg*innen,

Gendergerechte Sprache dient nicht nur dazu, alle anzusprechen und mit einzubeziehen. Es geht immer darum, auch etwas in den Köpfen aller Beteiligten zu ändern.

Liebe Kolleg*innen,

Thema der Woche, 06.07.2020 von Dr. med. Marlies Karsch
Abgesehen davon, dass die Hälfte der Menschheit weiblich ist, wird auch die Medizin zunehmend weiblicher. Derzeit sind 60 % der Medizin-Studierenden Frauen. Das bedeutet, dass in nicht allzu ferner Zukunft Männer in der Ärzteschaft in der Minderzahl sein werden. Bei Gebrauch der männlichen Form „Arzt“ wird zwar davon ausgegangen, dass damit auch die Ärztin gemeint ist, aber es wird damit immer klar gezeigt, dass die weibliche Form (ganz zu schweigen von anderen Möglichkeiten der Geschlechtsidentität) keine Selbstverständlichkeit ist, sondern im Geiste hinzugefügt werden muss. Aus unserer Sicht ist es an der Zeit, auch für Deximed eine Sprache zu benutzen, die alle anspricht. Ab sofort verwenden wir in Deximed-Artikeln das Gendersternchen*. Das heißt, aus „Ärzten“ bzw. „Ärztinnen und Ärzten“ werden „Ärzt*innen“.

Bisher haben wir bei Deximed entweder „Ärztin und Arzt“ gemeinsam genannt oder „Ärztin" und „Arzt" abwechselnd verwendet. Die Pluralform „Ärzte“ haben wir als geschlechtsneutral betrachtet und auf beide Geschlechter bezogen. Frauen fühlten sich bei dieser Art der Formulierung aber doch nicht genügend eingeschlossen und angesprochen. Die Verwendung binärer Geschlechtsbezeichnungen, wie „Ärztinnen und Ärzte“ oder „ÄrztInnen“, spricht allerdings nicht alle Geschlechter in ihrer Diversität an. Um wirklich niemanden sprachlich auszuschließen, verwenden wir das Gendersternchen*, mit dem sich Personen aller Geschlechtsidentitäten angesprochen fühlen dürfen. Ab sofort wird in jedem Artikel, der überarbeitet und aktualisiert wird, das Gendersternchen * verwendet. (Angesichts der großen Zahl an Deximed-Artikeln wird es einige Zeit in Anspruch nehmen, bis das wirklich in jedem Artikel durchgeführt ist.)

Gendergerechte Sprache dient nicht nur dazu, alle anzusprechen und mit einzubeziehen. Es geht immer darum, auch etwas in den Köpfen aller Beteiligten zu ändern. Frauen sollen sich als Ärztinnen wahr- und ernst genommen fühlen können, und Männer sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Zeiten der männlichen Dominanz im Arztberuf passé sind. Im Thema der Woche 12 „Nachtrag zum Weltfrauentag“ habe ich die tägliche Diskriminierung und Herabwürdigung beschrieben, die viele meiner Kolleginnen und ich in Weiterbildung und weiterer Berufstätigkeit erleben durften. Bisher war es schlicht normal, dass weibliche Belange und Bedürfnisse bei der Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung nicht berücksichtigt wurden. Es war immer klar, dass Karrierechancen für männliche Kollegen gedacht waren und dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass Frauen eine leitende Position einnehmen. Dass Frauen Kinder bekommen und im ärztlichen Beruf arbeiten wollen, erscheint immer noch erwähnenswert und führt zur Diskriminierung bei der Stellenvergabe und den immer gleichen Diskussionen mit den Arbeitgebern über familientaugliche Arbeitszeiten.

Diese männerdominierte Arbeitswelt wurde und wird auch durch eine antiquierte und nicht gendergerechte Sprache kommuniziert und dadurch weiter zementiert. Es gibt keine natürliche weibliche Form für „Doktor“ oder „Landarzt“ und keine natürliche männliche Form für „Hausfrau“ und „Arztgattin“. Hier muss unsere Sprache erst zur Gleichberechtigung erzogen werden. Mit unserem Konzept für eine gendergerechte Sprache möchten wir Weiblichkeit und Diversität den Platz im ärztlichen Alltag verschaffen, der ihnen schon lange zusteht.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

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