Den Kopf frei fürs Wesentliche

Was Sie schnell und verlässlich nachschlagen können, macht Ihnen den Kopf frei fürs Wesentliche.

Den Kopf frei fürs Wesentliche

Thema der Woche, 04.01.2021 von Dr. med. Klaus Reinhardt
Unsere schwedischen Kolleg*innen von Medibas haben mit der Allgemeinmedizinischen Abteilung der Karolinska-Universität eine Studie über Informationsverhalten und Versorgungsqualität in BMC Medical Informatics and Decision Making veröffentlicht. Sie haben diejenige Hälfte der schwedischen kommunalen Gesundheitszentren (das ist dort die Form der Primärversorgung), die Medibas intensiv nutzen, mit der anderen Hälfte verglichen mit Hilfe des National Primary Care Patient Survey, einer Befragung, der sich alle Gesundheitszentren alle zwei Jahre stellen müssen. Außerdem haben Sie im National Diabetes Register nach Einflüssen auf die Diabeteseinstellung und den Umgang mit Risikofaktoren gesucht. Das Ergebnis ist gemischt: Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Medibas-Nutzung und Patientenzufriedenheit; Belege für einen Einfluss auf die objektive Versorgungsqualität sind eher schwach.

Besonders ausgeprägt war der Vorsprung der Medibas-Nutzer in „Participation and Involvement“ und „Information and Knowledge“, aber auch in allen anderen Dimensionen des Patient Survey schnitten sie signifikant (p ≤ 0.001) besser ab als die Nichtnutzer. Natürlich ist damit nichts über die Kausalität ausgesagt; es kann durchaus sein, dass es von vorneherein die besseren Gesundheitszentren sind, welche die Anschaffung von Medibas für Ihre Ärzt*innen nicht scheuen. Im Diabetes-Register ergibt sich dagegen nur eine schwache Korrelation (p = 0.045) zur Vermeidung hoher HbA1c-Werte, keine zu den Risikofaktoren.

Die merkliche Enttäuschung der Studienautor*innen über das letztere Ergebnis beruht möglicherweise auf einem Missverständnis. Wer meint, Patientenzufriedenheit sei ja „nur“ ein weiches, rein subjektive Maß, verkennt die Differenz zwischen Disease, der ICD-10-Diagnose einer einzelnen Krankheit, und Illness, der langfristigen Beeinträchtigung durch sämtliche körperlichen Einschränkungen, die einem Menschen begegnen, und deren Bewältigung. Diese Bewältigung zu ermöglichen und zu unterstützen, ist die eigentliche Aufgabe der Hausarztmedizin. Wenn man freilich die „Kunden“ von Hausärzt*innen unwissenschaftlich nach ihrem subjektiven Eindruck fragt, dann kann sich das unsinnige Bild von Bewertungsportalen ergeben, wo eine Praxis wegen unzureichender Parkplätze abgestraft wird. Aber es gibt durchaus so etwas wie objektive Patientenzufriedenheit. Wenn ich mich mit allen unvermeidlichen Gebrechen meiner Lebensspanne gut aufgehoben fühle, wenn das Erkennbare erkannt, das Behandelbare behandelt und das Auzuhaltende aushaltbar gemacht wurde, dann hat mein Hausarzt, meine Hausärztin einen guten Job gemacht – und das ist mir langfristig wichtiger als mein HbA1c oder mein Blutdruck.

Mit unseren Tausenden Einzelartikeln ist Deximed zwangsläufig „disease-centered“. Aber wir sehen unsere Aufgabe eben darin, Ihnen diese Seite der Medizin möglichst einfach zu machen. Was Sie schnell und verlässlich nachschlagen können, macht Ihnen den Kopf frei fürs Wesentliche: für die professionelle Langzeitbetreuung, die über das Faktenwissen hinausgeht und die nie und nimmer ein Algorithmus wird übernehmen können.

In diesem Sinn wünschen wir Ihnen ein gutes neues Jahr, das hoffentlich nicht mehr nur von einer einzigen Disease geprägt sein wird, und einen freien Kopf, um die möglicherweise etwas ins Hintertreffen geratenen Illnesses Ihrer Patient*innen wieder in ihrer ganzen Breite wahrnehmen und bewältigen zu können.

Klaus Reinhardt, Geschäftsführer