Gesundheitliche Risiken an heißen Tagen

Die Zahl der Hitzetoten in Europa liegt bei schätzungsweise 25.000 pro Jahr. Problematisch ist besonders in diesem Sommer, dass sich Risikogruppen für Hitzeschäden und COVID-19 überschneiden.

Gesundheitliche Risiken an heißen Tagen

Thema der Woche, 17.08.2020 von Dr. med. Marlies Karsch
Der immer wieder angekündigte Hitzesommer ist dieses Jahr relativ glimpflich ausgefallen. Es gab zwar immer wieder heiße Tage und Hitzeperioden. Aber im Vergleich mit den Sommern der letzten Jahre war dieses Jahr relativ mild. Seit Tagen dauert eine „Hitzewelle“ oder zumindest einer Häufung heißer Tage an. Gesundheitliche Gefährdung durch Hitze besteht vor allem für chronisch Kranke, Kleinkinder und ältere Personen sowie für Menschen, die im Freien arbeiten. Die Zahl der Hitzetoten in Europa liegt bei schätzungsweise 25.000 pro Jahr. Unsere Artikel Hitzeschäden und Hitzschlag, Akutbehandlung liefern umfassende Informationen zu Prävention und Therapie von hitzebedingten Erkrankungen und Notfällen. Empfehlungen zur Vorbeugung enthält auch unser Patientenartikel Überhitzung und Hitzschlag. Problematisch ist besonders in diesem Sommer, dass sich Risikogruppen für Hitzeschäden und COVID-19 überschneiden.

Leichtere Formen von Hitzeschäden sind die passagere Hitzeermüdung und Hitzekrämpfe. Das sind Muskelkrämpfe, die bei körperlicher Anstrengung auftreten können. Hitzekollaps und Hitzeödem können bei längerem Stehen in heißer Umgebung entstehen und mit einer leicht erhöhten Körpertemperatur bei normaler Hauttemperatur einhergehen. Es kommt zu Tachykardie und Blutdruckabfall. Eine Hitzeerschöpfung tritt aufgrund von starkem Schwitzen und Dehydratation bei Anstrengung auf. Dabei kann es zu Übelkeit, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Schwindel und Bewusstseinsverlust kommen. Rektal- und Hauttemperatur sind erhöht. Die Körpertemperatur liegt zwischen 37 °C und 40 °C. Dieser Zustand kann sich unbehandelt zum Hitzschlag weiterentwickeln.

Ein Hitzschlag ist lebensbedrohlich mit einer Letalität von bis zu 10 %. Er führt in der Regel zu einer Körpertemperatur von über 40 °C und einer zentralnervösen Störung. Es kann zu Delir, epileptischen Anfällen oder Bewusstlosigkeit kommen. Ein klassischer Hitzschlag entwickelt sich häufig im Verlauf mehrerer Tage und tritt vor allem bei älteren Personen und Menschen mit chronischen Erkrankungen auf. Bei körperlicher Anstrengung kann es innerhalb relativ kurzer Zeit zu einem anstrengungsbedingten Hitzschlag kommen. Wichtigste therapeutische Maßnahme ist die sofortige Kühlung. Die Körpertemperatur ist beim Hitzschlag innerhalb von 30 min unter 40 °C zu senken, z. B. durch Eintauchen in Eiswasser. Durch schnelles Abkühlen kann die Komplikationsrate verringert werden. Bei allen Formen des Hitzeschadens sind Flüssigkeits- und Elektrolytverluste auszugleichen und für weitere Kühlung zu sorgen.

Zur Vorbeugung von Hitzeschäden soll für eine effiziente Kühlung von Wohnungen gesorgt, kühl geduscht und lockere Kleidung getragen werden. Körperliche Anstrengungen sollen eingeschränkt oder auf kühlere Tageszeiten verschoben werden. Grundsätzlich ist auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Salzzufuhr zu achten. Alkohol ist zu meiden und der Konsum von Kaffee zu begrenzen. Gerade bei älteren Patient*innen sollte die Medikation, wenn erforderlich, an heißes Klima angepasst werden: Bei Patient*innen mit Diabetes mellitus kann bei Hitze eine verminderte Glukosetoleranz bestehen. Durch eine Reduzierung der Diuretikadosierung kann bei Betroffenen mit Herzinsuffizienz Hitzeerkrankungen vorgebeugt werden. ACE-Hemmer können das Durstgefühl beeinträchtigen. Verschiedene Medikamente können zu einer Störung der zentralen Temperaturregulation führen: z. B. trizyklische Antidepressiva, SSRI, Opioide und Anticholinergika.

Weiterführende Informationen zur Vorbeugung von Hitzeschäden im Rahmen von Hitzewellen bieten die Infoblätter der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). Hier finden Sie auch eine Liste bei Hitze potenziell gefährlicher Medikamente und Tipps für eine Anpassung der Praxisabläufe an sehr heiße Tage unter Pandemiebedingungen. Für die letzten Wochen des Sommers 2020 können so durch Beachtung von Vorbeugungsmaßnahmen Hitzeschäden vermieden werden.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

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