Aktuelle Impfempfehlungen, nicht nur während der Pandemie

Die Corona-Pandemie wirft immer wieder Fragen zum Thema Impfschutz auf. Die STIKO hat zum Impfen in Pandemiezeiten eine Stellungnahme herausgegeben.

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Thema der Woche, 26.10.2020 von Dr. med. Marlies Karsch
Auch während der COVID-19-Pandemie bestehen Impfindikationen weiter. Grundimmunisierungen von Säuglingen stehen ebenso an wie Impfungen aus beruflicher Indikation oder bei Personen über 60 Jahren, bei Schwangeren oder bei Immunsupprimierten. Die STIKO hat zum Impfen in Pandemiezeiten eine Stellungnahme herausgegeben. Grundsätzlich sollen alle empfohlenen Impfungen zeitgerecht durchgeführt und nur bei akuten, schweren Erkrankungen verschoben werden. Es besteht kein Hinweis darauf, dass kürzlich verabreichte Impfungen den Verlauf von COVID-19 negativ beeinflussen. Folgende Regeln sollen laut STIKO allerdings beachtet werden: COVID-19 Erkrankte und Infizierte mit asymptomatischem Verlauf sollen erst 4 Wochen nach dem letzten positiven PCR-Befund geimpft werden. Impfungen von symptomfreien Kontaktpersonen sollen erst 14 Tage nach dem Kontakt mit der Indexperson erfolgen.

Die Empfehlungen für die Pneumokokken-Impfung wurden angesichts aktuell nur eingeschränkt verfügbarer Impfstoffe von der STIKO angepasst. Derzeit sollen Personen prioritär geimpft werden, die ein besonders hohes Risiko für eine schwere Pneumokokken-Erkrankung haben, also Säuglinge und Kleinkinder bis zum Alter von 2 Jahren (mit Prevenar 13 oder Synflorix), Personen mit Immundefizienz (sequenziell mit Prevenar 13, gefolgt von Pneumovax 23 nach 6–12 Monaten), sowie Senior*innen ab 70 Jahren und Personen mit chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD (mit Pneumovax 23).

Vor einigen Wochen wurden die neuen Impfempfehlungen der STIKO publiziert (Epidemiologisches Bulletin 34/2020). Dabei gibt es folgende wichtige Neuerungen: Für Schwangere wird eine Pertussis-Impfung zu Beginn des 3 Trimenons empfohlen, bei drohender Frühgeburt ggf. im 2. Trimenon. Diese Impfung soll unabhängig vom Impfstatus und in jeder Schwangerschaft mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff erfolgen (siehe Impfungen in Schwangerschaft und Stillzeit). Im Säuglingsalter soll die Grundimmunisierung mit dem 6-fach-Impfstoff DTaP-IPV-Hib-HepB neuerdings nach dem 2+1-Impfschema erfolgen. Das heißt, es wird eine Impfstoffdosis weniger verabreicht als beim bisherigen 3+1-Schema. Für Frühgeborene gilt jedoch weiterhin das 3+1-Schema. Für diese neuen Änderungen wurde der Impfkalender aktualisiert. Es sind jetzt als empfohlene Impfzeitpunkte feste Lebensmonate für alle empfohlenen Impfungen angegeben und nicht, wie bisher, Zeitintervalle. Außerdem wurde die Empfehlung der beruflich indizierten Varizellen-Impfung an die ebenfalls beruflich indizierte MMR-Impfung angeglichen, so dass zweimalig eine MMRV-Impfung verabreicht werden kann.

Von Politikern und anderen Meinungsbildnern wurde in letzter Zeit verstärkt dazu geraten, sich in diesem Herbst gegen Influenza impfen zu lassen, damit die Bevölkerung gerade während der Corona-Pandemie zumindest gegen Influenza geschützt ist. So wurde auch die Empfehlung geäußert, alle Kinder gegen Influenza zu impfen, da sie einen wesentlichen Anteil an der Verbreitung der Influenza haben. Diese Vorschläge ignorieren die Tatsache, dass bundesweit für die Saison 2020/21 nur 26 Millionen Impfdosen verfügbar sind. Wohl gerade deshalb hat die STIKO ihre Empfehlungen zur Influenzaimpfung nicht geändert und empfiehlt weiterhin die Impfung von Risikogruppen, wie Personen ab 60 Jahren, Personen mit Grunderkrankungen, Bewohner*innen von Alten- und Pflegeheimen, Schwangere und Personen, die beruflich besonders exponiert sind. Laut STIKO wären für die Umsetzung dieser Impfempfehlung allein 40 Millionen Impfstoffdosen erforderlich. Dass jetzt, aufgrund der Diskussionen in den Medien, vermehrt gesunde jüngere Menschen ohne besonderes Risiko in die Praxen kommen und eine Influenza-Impfung fordern, ist in dieser Situation nicht besonders hilfreich. Angesichts der knappen Ressourcen ist es wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten und wirklich Exponierte und Personen mit erhöhtem Risiko zu bevorzugen.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

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