Endometriose ist viel häufiger, als wir denken
Endometriose geht zum Teil mit erheblichen Symptomen einher: Unterleibsschmerzen, Dysmenorrhö, Hypermenorrhö, Dysurie, Hämaturie, erschwerte Stuhlentleerung, rektale Blutungen, Dyspareunie und Infertilität können auftreten. Oftmals haben die betroffenen Frauen einen langen Leidensweg mit Konsultation verschiedener Arztpraxen hinter sich, auch wenn sie selbst ihre Beschwerden als zyklisch schildern. Die Rolle von Hausärzt*innen besteht hier darin, bei Patientinnen mit diffusen, vielleicht auf den ersten Blick nicht zusammenpassenden, chronischen Unterleibssymptomen daran zu denken und die Betroffenen zu einer weiteren gynäkologischen Diagnostik mit dieser Fragestellung zu überweisen.
Es gibt zwar einige Hypothesen zur Entstehung, letztendlich ist die Ursache immer noch unbekannt. Vier verschiedene Typen der Endometriose werden unterschieden: peritoneale Endometriose, Adenomyose (endometriumartige Zellverbände im Myometrium), Endometriom (Endometriose von Tube und/oder Ovar) und die tief infiltrierende Endometriose. Obwohl die Endometriose an sich eine benigne Erkrankung ist, kann es zu einem tief infiltrierenden Wachstum kommen. Hier können das Septum rectovaginale, die Fornix vaginae, das Retroperitoneum sowie Darm, Uterus und Harnblase betroffen sein. Diese Form kann ausgedehnte Operationen erforderlich machen. Endometrioseherde können auch in Narben auftreten, z. B. in Sectionarben oder Narben nach Episiotomie und Dammriss. Die Schwere der Symptome und die Ausbreitung der Endometrioseherde korrelieren nicht miteinander. Jede 5. Patientin ist asymptomatisch.
Betroffene mit Endometriose können auch unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden. Die Leitlinie spricht von einer Prävalenz von 50 % für Endometriose bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch. Diese Patient*innen sollten möglichst früh an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden, wo die Indikation für einen chirurgischen Eingriff abgeklärt und ggf. Maßnahmen der assistierten Reproduktion geplant werden können. Die medikamentöse Therapie der Endometriose erfolgt in erster Linie mit Gestagenen. Als Zweitlinientherapie können kombinierte orale Kontrazeptiva (off label) evtl. mit GnRH-Analoga eingesetzt werden. Bei starken therapierefraktären Beschwerden und bestimmten Indikationen, wie tief infiltrierende Endometriose, laparoskopisch diagnostizierter peritonealer Endometriose, Haut-oder Narbendendometriose und Adenomyosis uteri sollte eine operative Therapie erfolgen.
Die Endometriose ist ein sehr häufiges Krankheitsbild, das unterdiagnostiziert und damit untertherapiert ist. Die in der Regel lange verschleppte Diagnosefindung geht häufig mit einer ausgeprägten Morbidität der Betroffenen, umfassenden Funktionseinschränkungen im Alltag und bei manchen mit einer hohen psychischen Belastung durch unerfüllten Kinderwunsch einher. Dieses Krankheitsbild ist trotz seiner Häufigkeit und gesellschaftlichen Relevanz zu wenig erforscht. Daran sollte sich schnellstmöglich etwas ändern. Hilfreich ist jedenfalls eine erhöhte Aufmerksamkeit für Endometriose von Seiten aller beteiligten Ärzt*innen.
Marlies Karsch, Chefredakteurin