Ertrinkungsunfälle – leider ein aktuelles Thema

Aufklärung ist Prävention – wir sagen Ihnen, was zu tun ist.

Ertrinkungsunfälle – leider ein aktuelles Thema

Thema der Woche, 05.07.2021 von Dr. med. Marlies Karsch
Nachrichten über Badeunfälle waren in den letzten Tagen und Wochen gehäuft zu lesen. „Badeunfall“ ist ein viel zu harmlos klingendes Wort für diese lebensbedrohlichen oder tödlichen Ereignisse. Es klingt, als hätte sich jemand beim Schwimmen das Knie verletzt. Die Begriffe „Ertrinkungsunfall“ und „Badetod“ treffen es besser. Aus den aktuellen Berichten in den Medien können wir erfahren, dass in erster Linie Kinder und junge Erwachsene sowie ältere Personen betroffen sind.

Um diesem aktuellen Thema gerecht zu werden, haben wir unsere Artikel Ertrinken, Beinahe-Ertrinken und Badetod, Basismaßnahmen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Kindern und Erweiterte Maßnahmen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Kindern aktualisiert. Auch die Artikel Basismaßnahmen zur Herz-Lungen Wiederbelebung bei Erwachsenen und Erweiterte Maßnahmen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Erwachsenen sind auf dem neuesten Stand. Es ist durchaus denkbar, dass wir bei einem Badeausflug gemütlich auf unserem Handtuch liegen und plötzlich von anderen Badegästen nach einem Arzt oder einer Ärztin gerufen wird. Dann ist es gut, zu wissen, was zu tun ist.

Die Coronapandemie wird von Fachleuten der DLRG und Wasserwacht als Ursache für die derzeit wohl auch statistisch gehäuften Ertrinkungsunfälle angegeben. Weil in Schwimmbädern aufgrund der Hygieneregeln derzeit weniger Badegäste zugelassen sind, weichen viele Familien auf der Suche nach Abkühlung auf Seen und Flüsse ohne Badeaufsicht aus. Gerade das Baden und Schwimmen in Flüssen mit Schiffsverkehr ist besonders gefährlich, da die Tiefe von Fahrrinnen vom Ufer aus nicht immer zu sehen ist und vorbeifahrende Schiffe einen starken Sog erzeugen können. Weil die Schwimmbäder während der Pandemie geschlossen waren, konnten Kinder seit über einem Jahr nicht an Schwimmkursen teilnehmen. Die ohnehin schon hohe Rate an Nichtschwimmer*innen unter den Schulkindern hat noch einmal zugenommen. Gerade für diese Kinder ist die Annahme lebensgefährlich, dass Schwimmflügel oder aufblasbares Spielzeug einen Schutz vor Ertrinken bieten könnten. Auch Erwachsene konnten im letzten Jahr ihre Ausdauer weniger gut trainieren, nicht nur beim Schwimmen. Sie laufen Gefahr, ihre Kondition und ihre Schwimmfähigkeiten zur überschätzen und zu weit vom Ufer wegzuschwimmen.
Oft ereignen sich Ertrinkungsunfälle unbemerkt ganz in der Nähe anderer Badegäste. Entgegen der landläufigen Vorstellung ertrinken erschöpfte Schwimmer*innen, aber auch Kinder „still“. Das heißt, sie sind zu schwach, um zu schreien oder zu winken, und gehen einfach lautlos unter. Wenn niemand aufmerksam auf gefährdete Personen schaut, können diese unbemerkt unter Wasser verschwinden. Deswegen sollten Kinder beim Baden niemals allein gelassen werden und Eltern ihre Smartphones zur Seite legen.

Was ist also zu tun? Wer kein/e ausgebildete/r Rettungsschwimmer/in ist, sollte nicht ins Wasser springen, um Ertrinkende zu retten. In ihrer Panik können sich Opfer an den Retter*innen festklammern und sie ebenfalls in Lebensgefahr bringen. Wasserrettungsdienste empfehlen, die Notrufnummer 112 zu wählen und, falls vorhanden, einen Rettungsring oder andere Hilfsmittel, z. B. einen Ball, zuzuwerfen oder einen Stock zum Herausziehen ins Wasser zu halten. Auch beim Springen von Brücken oder Bäumen in unbekannte Gewässer kann es zu schweren Unfällen kommen. Besonders Kinder und Jugendliche sollten darüber aufgeklärt werden. In jedem Fall sollten sich alle über Präventionsmaßnahmen von Unfällen und das Verhalten bei Ertrinkungsunfällen informieren (zum Beispiel hier). Unseren älteren Patient*innen, besonders bei Grunderkrankungen, sollten wir Schwimmkurse für Senior*innen nahelegen. Hier können beispielsweise Methoden zum Ausruhen im Wasser erlernt werden, die bei Erschöpfung lebensrettend sein können. Wie bei vielen Unfallarten gilt: Aufklärung ist für die Prävention am wichtigsten.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

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